3/03/2013

Loft in the City

Jedes Mal wenn ich nach London komme, taucht das Ding urplötzlich aus dem Nichts vor mir auf und die Gefahr eines Herzinfarkts steigt ins Unermessliche. Diese schiere Größe und Kraft zieht mir den Boden unter den Latschen weg. Da steht in überwältigender Weise eine ehemalige "Powerstation" Londons und erfüllt mich Landei mühelos mit staunender Ehrfurcht. Kann mir für einen Moment beim besten Willen kein schöneres Gebäude in Englands Hauptstadt zurecht träumen. Glücklicherweise gibt es Größen wie twood, der ob solcher Mächtigkeit nicht den Schwanz einzieht, sondern es fertigbringt einerseits die Wucht dieses Bauwerkes, aber auch sein trauriges Schicksal in einem Bild festzuhalten.
Ehrlich? Ich möchte meine 7 Sachen packen und sofort einziehen. Sofort! Rechter Südflügel, 11. Stockwerk. Oder so ähnlich.


pic by twood. a marvelous and talented little bugger


Da die Battersea in dieser Form aber dem Untergang geweiht ist und der Kaufpreis für eine unbekannte Nummer - wie mich - etwas zu hoch ausfällt, genügt eine etwas bescheidenere Variante durchaus für eine Bleibe in London.


upper floor. pic by me
pic by me


Ein Zuhause in einer Stadt wie London hat einen massiven Vorteil zum verklärten und glorifizierten Land- und Strandleben: ALLES ist erlaubt. Keine 10-Punkte-Liste und keine Hochglanz Design-Magazine, welche bestimmen was in mein Loft gehört, und ob sich nun eine ehemalige Turnhalle besser eignet, als eine stillgelegte Besenkammer. Hauptsache es fühlt sich nach Stadt an. Für mich hat das also mit großen Leuchten, Popfarben, etwas Industriemief, Großmutters Erbstück neben schweineteurem Designer Daybed, und einer Prise guten, alten Röck n Röll's zu tun. Dies alles am besten wild gesammelt , tasteful beleuchtet und ohne Indiz für einen roten Faden. 

pic by me


Apropos Beleuchtung: Eine meiner all-time-favourite Leuchten wird von Tom Dixon 'Cone Stand' genannt und passt in die Turnhallen-Fabrik-Dings rein wie Fleur-de-Sel-Schokolade in mein Maul. But check it out yourself:

pic by tom dixon



Somethin' to sit on!

... ist das Wichtigste in einem Zuhause. Und wenn sich jemand beim Entwerfen von Sitzgelegenheiten so richtig Mühe gegeben hat, dann macht das Platzieren des Derrière umso mehr Spaß. Die Sessel und Stühle 'COD' von Gaga & Design sind meines Erachtens solche Prachtexemplare. Für den Entwurf dieser Serie hat sich der israelische Designer Rami Tareef dabei an traditionellen Flechtmethoden orientiert. He certainly has me on a string with this!


  



Bevor aber auf weitere Möbel eingegangen wird, muss ich unbedingt meine Lieblingsentdeckung dieser Woche preisgeben. Catchpole & Rye wurden hier schon einmal ins Rampenlicht gezerrt, weil sie einfach wunderschöne Bäder herstellen. Die Kreation 'La Cage', welche dem französischen Original aus dem 19. Jh. nachempfunden ist, lässt auch jene den Tagesschweiß stilvoll abwaschen, welche nichts mit der ausgeprägten Badewannenkultur der Briten anzufangen wissen (die meisten Festlandeuropäer also). Dabei trifft das Wasser den Duschenden ringsum aus den perforierten Messingrohren und sorgt damit zwar für ein überflutetes Bad, aber wen kümmert das schon in einer ehemaligen Turnhalle/Besenkammer?


La Cage d'Amour


Für Verliebte oder...  Zwillinge?: Cage d'Amour.
pic by catchpole & rye
Für Singles: La Cage. pic by catchpole & rye


Zurück zu den Basics ohne Firlefanz. Ein robustes Sofa muss her. Schließlich muss man ja auch irgendwo pennen. Und da etwas Traditionsreiches à la Chesterfield Sofa, England bei den ganzen ausländischen Produkten dieses Posts im Spiel behält (aufmerksamen Lesern, die diese fremdländischen Inputs bemerkt haben und zum Meckern ansetzen, sei gesagt: multi-kulti ist in London ein GESETZ), hier nun ein Exemplar, das auch Fahrzeugfans bei Laune halten wird. Sieht irgendwie aus, wie wenn ein Collegeboy aus den 50ern mit Filzstift gewütet hat.
a bit of English, a bit of French, a bit of American = perfect for London!
 pic by Andrew Martin



Auch wenn Nieten out sind (denn das sind sie ja immer mal wieder nachdem, sie alle 2 Jahre ein glorreiches Comeback feiern), auf Möbeln sind sie erlaubt. Und schon sind wir wieder bei Firlefanz.


A star for glorious Andrew Martin!
by whom is also the pic
glamorous footstool and pic by Lee Broom



Lee Broom mit seiner Blingbling Fußablage werde ich hier in nächster Zukunft garantiert nochmals einbringen. Großes Kino der Typ.
Und der oben erwähnte Andrew Martin, bzw. die Crew dieses Unternehmens, hat erst kürzlich ein Hotel in Sierra Nada eingerichtet. Falls da mal jemand in der Nähe ist. Sehenswert! Ebenso sind dies seine Kissen, welche endlich für etwas Farbe im Citysmog sorgen. Und mit etwas Glück ist der Nachbar ...


... a frantic Italian street artist ...


pic by me
pic by me


... und dann passen die Kissen von Andrew (Roboter und Indianer) und auch jenes von The Dressing Room (the roooooster) perfekt.






Allerdings gehören die ja irgendwo drauf. Und da wir immer noch im Britischen Empire sind und nicht in ner ehemaligen Kolonie wo die Kissen auf den Boden kommen ( haaaaaaach shit! ist das jetzt politisch unkorrekt?), schlage ich Folgendes vor: Der Herr Dixon nimmt mal eben einen Holzhocker (Bank gibt es übrigens auch) – mit schön eigenwilliger Dynamik der Holzbeine – und streicht ihn in grellstem Orange an. Resultat: Ich will es.

Holzschemeli und pic by tom dixon
ganz viele Holzschemeli und pic vom gleichen



Zum Thema grelle Farbe noch abschliessend das hier:
Seit Jahren trage ich einen Artikel über das Londoner Künstlerpaar Yael Mer & Shav Alkalay mit mir herum. Nachdem ich ihre Bodeninstallation für Established & Sons gesehen hatte, war für mich klar: Sollte mir je ein Fischgrat-Parkett zwischen die Finger kommen, wird er in Art und Weise und zu Ehren der beiden eingefärbt. Daher wird nun jener Teil der Loft, welcher glücklicherweise noch mit entsprechenden Herringholzklötzchen ausgestattet ist, zum farbenfrohen Schlachtfeld erklärt.

pic by Yael Mer & Shay Alkalay (raw-edges.com)


Eine weitere, im Portemonnaie aufbewahrte Inspiration ist die geschwungene Interpretation eines Holzstuhles mit dem Namen 'Branca'. Das grüne, schlichte Ding scheint in der Luft zu schweben.  Danke Sam Hecht- der 'Designs of the Year (2010)' ist echt verdient! Aus demselben Haus - dem italienischen Holzmöbelproduzenten Mattiazzi - stammt der kantige, und nach Aufmerksamkeit schreiende Sessel 'Medici' von Wunderkind Konstantin Grcic. Zwar eher ein Hingucker als ein Hinsetzer, aber allemal nice to have!



Branca and pic by mattiazzi
pic by mattiazzi

Medici and pic by mattiazzi



Wem das hier nun alles zu wirr zusammen gewürfelt, und gänzlich zusammenhangslos und unpassend kombiniert erscheint- der kann mich mal. Ich kann immer noch die untere Etage dazu mieten und Pop von Rock n Röll trennen. 

Oder anders gesagt: 
Just get yourself your own bloody Ex-Turnhalle! 




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